Respekt in der Familie – Mit diesen 7 Schritten schaffst Du das.
Eltern können von ihren Kindern einen respektvollen Umgang verlangen.
Es gibt eine einfache Respekt-Regel:
“Jedes Familienmitglied behandelt alle anderen Familienmitglieder mit Respekt. IMMER und ÜBERALL”
Diese Regel bildet die Grundlage für einen gesunden Umgang innerhalb Deiner Familie, denn sie legt klar und deutlich fest:
Respektlosigkeit ist zu keiner Zeit und an keinem Ort angemessen.
Jeder Mensch ist wertvoll und deshalb sollte auch jeder genauso behandelt werden und das beginnt in Deiner Familie. Sollte die Familie nicht der Ort sein, an dem man das Zusammensein miteinander genießt, Spaß hat und alles miteinander teilt an Freud und Leid? Die Grundlage hierfür bildet der gegenseitige Respekt.
Ein jeder muss lernen, sich in frustrierenden Situationen trotzdem höflich zu verhalten und seine Gedanken und Gefühle auch entsprechend höflich auszudrücken. Ich weiß, das klappt nicht immer. Niemand, kein Mensch, hat sich zu jederzeit voll unter Kontrolle. Trotzdem ist es gut, sein Ideal vom respektvollen Umgang vor Augen zu haben und darauf hinzuarbeiten.
Definition Respekt
Respekt stammt aus dem Lateinischen “respectio” und bedeutet Rückschau, Einschätzung, Betrachtung, Wieder-Schau“, im Sinne von „Beurteilung”. Die „Wieder-Schau“ bezeichnet ein Eingestehen der Unsicherheit des ersten Blicks. Das bedeutet, Du bleibst respektvoll, indem Du Deine Sicht auf Dein Gegenüber nicht allzu sehr trüben lässt von Deinen schnellen Vorurteilen. Wachsam prüfst Du Dein erstes “Hinschauen” und schaust dann nochmals hin, um genauer zu sehen.
Ja, das ist es, was ich mir für mein Familienleben wünsche. Wir alle schauen mehrmals auf das, was vor uns liegt: auf die Situationen, die Reaktionen, die Handlungen, die Gefühlsregungen aller Familienangehörigen. Denn selbst, wenn sich mal jemand nicht im Griff hat, bekommt er einen “zweiten Blick” und wird nicht “abgeurteilt”.
7 Schritte zu einem respektvollen Umgang in Deiner Familie
Ich zeige Dir jetzt 7 Schritte auf. Bitte gehe langsam vor und zwar Schritt für Schritt. Du wirst das Thema Respekt nicht in einer „Hauruck-Aktion“ angehen können. Jeder Schritt baut auf dem Vorherigen auf. Es ist ein bisschen, wie bei einem Marathon: Wenn Du 42 Km durch laufen willst, musst Du langsam anfangen, Dich immer wieder warm machen, trainieren und Dich Stück für Stück steigern. Tu Dir den Gefallen und gehe jeden Schritt mit Deiner Familie in Ruhe durch. Vielleicht planst Du ein Familiengespräch, wo du dieses Thema auf den Tisch bringst und nach jedem Familiengespräch plant ihr für die kommende Woche ein nächstes, um am Ball zu bleiben. Überfordert euch nicht, indem ihr zu viel auf einmal wollt! Macht langsam!
1. Schritt: Schau Dir mit Deiner Familie euren Umgang miteinander an
Sprecht als Familie gemeinsam darüber, wie wichtig gegenseitige Achtung ist. Erklärt, dass jeder von euch den Respekt des anderen verdient hat, einfach weil ihr “seid” und nicht weil ihr tolle Sachen macht. Besprecht, “was für eine Familie ihr sein wollt”. Macht ein Brainstorming daraus und schreibt es euch auf, z.B.:
-
- Wir übernehmen Verantwortung füreinander.
- Wir sind fröhlich, haben Spaß.
- Wir unternehmen viel zusammen.
- Wir sind höflich zueinander.
- usw.
2. Schritt: Listet respektloses und respektvolles Verhalten auf
Sammelt als Familie auf 2 verschiedenen Blättern, was jeweils respektloses bzw. respektvolles Verhalten ist. Vielleicht ist gar nicht jedem so bewusst, was eigentlich respektvolles Verhalten ist, vor allem kleineren Kindern. Das als Familie zu sammeln, ist sehr hilfreich, vor allem, weil jeder sich in Vielem wiederfinden wird.
Respektlos: Fluchen, Schreien, Kreischen, Schimpfnamen geben, gemeine Kommentare abgeben, nicht Ausreden lassen, so tun als wäre der andere nicht da, usw.
Respektvoll: ruhig bleiben, höflich sein, Hilfe anbieten, anderen abgeben, eine Lösung vorschlagen, anderen den Vortritt lassen, den Sprechenden anschauen, dem Sprechenden zuhören, usw.
3. Schritt: Führt die Respekt-Regel ein
Jetzt schreibt die neue Familienregel auf und hängt sie euch an einem zentralen Ort hin, damit ihr an sie denkt.
“Ich behandle jedes Familienmitglied respektvoll: IMMER und ÜBERALL”
Wenn es euch eine Hilfe ist, dann hängt die Liste der respektvollen Sachen aus Schritt 2 hier mit dazu. Entscheidet euch gemeinsam, diese Regel als wichtig zu erachten und unbedingt einzuhalten.
4. Schritt: Üben
Jeder darf jetzt eine Situation nennen, wann sich jemand respektlos verhalten hat. Schreibt das wieder auf, damit nichts verloren geht. Und nun versucht die genannten Situationen neu “nachzuspielen”, jetzt aber mit respektvollem Verhalten.
Du wirst sehen, das kann richtig Spaß machen und dabei lernen die Kinder viel, eben, weil sie Spaß haben.
Du kannst auch die Kinder bitten, mit Absicht eine respektlose Situation vorzuspielen. Und anschließend sollen sie dieselbe Situation erneut spielen, diesmal aber respektvoll.
Beispiel
Ein Kind nimmt jemandem anderen den Stift aus der Hand, mit dem dieser gerade malt. Der Bestohlene schaut das Kind böse an und schreit: „Gib das sofort wieder her, ich hatte den zuerst.“ Das Kind wiederum keift zurück: „Aber das ist mein Stift, den hat Oma mir geschenkt.“ Der andere versucht jetzt den Stift dem Kind zu klauen.
Jetzt ändert die Situation in respektvolles Verhalten:
Das Kind kommt an den Tisch und sagt zu dem dort Malenden: „Du, dieser Stift gehört mir. Bitte gib ihn mir zurück.“ Der Andere sagt: „Oh, ich male aber gerade damit. Ist es Ok, wenn ich das noch zu Ende male und ihn dir danach gebe?“ Das Kind kann nun sagen: „Nein, ich brauche ihn jetzt.“ oder „Nagut, aber das nächste Mal fragst Du mich, ob Du meine Sachen benutzen darfst.“
Durch das praktische Ausprobieren, bekommen die Kinder sofort ein Gespür dafür, welche Gefühle entstehen, wird man respektlos oder eben respektvoll behandelt. Auf diese Übungen kannst Du dann im “echten” Leben mit Deinen Kindern zurückgreifen und sie ermahnen: “Erinnert euch an unsere Übung. Du kannst jetzt auch anders reagieren. Überlege mal, wie.”
5. Schritt: Geduldig sein
Gegenseitiger Respekt entsteht nicht einfach, weil Du eine Regel aufstellst. Deine Kinder brauchen Hilfe und Begleitung, um das Ausmaß von Respekt in der Familie zu erleben. Du darfst mit ihnen Schritt 4 immer mal wiederholen. Sei dabei geduldig, denn “Geduld ist Wissen und Akzeptanz, dass alles seine Zeit braucht” (Helga Schäferling). Lies dazu gern meinen Artikel: Geduld in der Kindererziehung
6. Schritt: Lobe respektvolles Verhalten
Wenn Du erlebst, dass sich Dein Kind respektvoll verhält, dann spiegele Deinem Kind wieder, dass Du das wahrnimmst. Benenne es und freue Dich darüber. Das Ziel ist, dass Dein Kind lernt: respektvolles Benehmen lohnt sich.
Beispiele
“Ich hab bemerkt, wie Du Deinem Bruder mit Worten gesagt hast, was Du nicht möchtest und das ohne Schreien. Sehr gut, das war respektvoll.”
“Du hast Dein Fahrrad weggeräumt, wie ich es Dir gesagt hab und danach erklärt, wieso Du das doof findest. Jetzt kenne ich Deine Sicht und wir können für morgen gemeinsam einen anderen Weg überlegen. Du hast meine Aufforderung respektiert und höflich Deine Meinung gesagt.”
“Als Du Dich vorhin geärgert hast, bist Du in Dein Zimmer gegangen. Dann hast Du Dich beruhigt und mir gesagt, was los ist. Danke, dass Du nicht wütend herumgeschrien hast. Wollen wir jetzt eine Lösung suchen? ”
7. Schritt: Maßregle respektloses Verhalten
Natürlich, wird das Familienleben deshalb nicht reibungslos – soll es auch nicht werden, denn die Kinder müssen sich reiben, damit sie ihren Platz in der Gesellschaft finden können. Aber es ist wichtig, dass Dein Kind lernen darf, indem Du es lehrst. Ich weiß nicht, ob Du das schon beobachten konntest: Respektloses Verhalten summiert sich. Einer beginnt respektlos zu werden, der andere reagiert genervt und wird auch respektlos und dann geht das hin und her. Und dieses “Hochschaukeln” musst Du unterbrechen.
Erinnern:
Beginne mit Erinnern: Reagiere sofort, wenn Du respektloses Verhalten bemerkst und ermahne Dein Kind, dass es z.B. aufhören soll zu Schreien, stattdessen aber mit Worten seine Sicht mitteilt. Erinnere es an eure Respekt Regel.
Ich gebe meinem Kind oft eine humorvolle Möglichkeit, aus der Respektlosigkeit auszusteigen, indem ich sage: “Huch? Was war denn das? Pausetaste drücken, zurückspulen (wie bei den Kassetten früher) und Play: Versuch es jetzt nochmal auf höfliche Art!” Dann weiß mein Kind sofort Bescheid und korrigiert sich.
Konsequent durchgreifen:
Mein anderes Kind ist ein Grenzgänger und reagiert auf Erinnern meist nur kurz und schon in der nächsten Minute verhält es sich wieder respektlos. Dieses Kind braucht Konsequenzen. Fruchtet also das Erinnern nicht, folgt sofort die besprochene Konsequenz.
Welche Konsequenz ist zielführend?
Ich empfehle die Nachdenkecke. Alles dazu kannst Du in diesem Artikel nachlesen: Die universelle Konsequenz für Grundschulkinder (5-12 Jahre)
Ziel des Maßregelns und somit der Nachdenkecke ist, dass Dein Kind lernt: respektloses Verhalten lohnt sich nicht.
Ich ermutige Dich, den Respekt in Deiner Familie hochzuhalten und sehr wachsam mit Deinem Kind umzugehen, damit es respektvolles Verhalten lernen kann. Dein Kind versteht mit ungefähr 5 Jahren sehr genau, was man darf und was nicht. Auch die Nachdenkecke ist ab diesem Alter generell zu empfehlen, da Du Deinem Kind mit diesem Instrument hilfst, zu lernen sich zu reflektieren: eine sehr wichtige Fähigkeit.
Fazit
Respekt ist ein sehr wichtiges Gut, welches die Kinder in ihren Familien lernen sollten. Es ist wirklich schlimm zu sehen, wenn Kinder aus der Schule kommen und den Eltern die Schulranzen vor die Füße werfen, damit diese sie zum Auto tragen. Auch der Umgangston von Kindern mit ihren Eltern lässt stark zu wünschen übrig: frech, fordernd, lieblos.
Eltern dürfen und sollten von ihren Kindern einen respektvollen Umgang erwarten, konsequent vorleben und einfordern. Wenn die Kinder das zu Hause lernen, werden sie es leichter haben, sich in eine Gemeinschaft zu integrieren.
Denn sie lernen all die wichtigen Fähigkeiten, die es im sozialen Miteinander dringend braucht: Warten können, Höflichkeit, Teilen, Eigentum anderer achten, einander helfen und in Schutz nehmen, Eltern und damit jeden anderen wertschätzen sowie Lösungen für Probleme entwickeln.
Eltern sollten wachsam sein, respektvolles Verhalten verstärken und respektloses Verhalten konsequent maßregeln, am besten mit der Methode der Nachdenkecke, um die Selbstreflektion zu trainieren. Dabei brauchen sie Geduld, aber es wird sich auszahlen, da zu investieren – nicht nur für das Kind, sondern für die ganze Familie.
Deine Sandra
Sandra Giera ist Familiencoach, Fachreferentin für Erziehung und Mutter zweier Kinder. Mit Herz und Klarheit hilft sie Eltern, die Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, gesunde und glückliche Beziehungen zu schaffen.