Kinder haben auch Gefühle – Lerne jetzt, damit umzugehen!

Überrollen Dich manchmal die Gefühlsreaktionen Deiner Kinder?

Stell Dir mal folgende Situation vor:

Du gehst mit Deinem Kind spazieren und es rennt voraus und Du rufst: „Nicht so schnell, lauf langsamer. Du stürzt sonst.“
Was macht Dein Kind? Es rennt weiter und achtet nicht auf Dich. Und Du rufst wieder: „Lauf langsamer!“. Und dann passiert es: Dein Kind stürzt, liegt auf dem Boden. schreit und weint.

Und Du, was machst Du? Was ist Deine ehrliche erste Reaktion?

Ich mach mal ein paar Vorschläge:

  1. „Oh, Schatz, du armes Ding, tut Dir was weh?“
  2. „Komm, steh wieder auf, ist doch gar nichts passiert.“
  3. „Wärst du langsamer gelaufen, wie ich es dir gesagt habe, wäre das nicht passiert.“

Was machen wir Eltern gern und zwar als erste Reaktion?

  1. Wir haben übertriebenes Mitleid mit unserem Kind.
  2. Wir spielen die Situation herunter und bagatellisieren das Geschehene.
  3. Wir moralisieren auch gern.

Warum machen wir Eltern das?

Wir wollen, dass es unserem Kind gut geht, dass es sich gut fühlt! Natürlich – alle Eltern wollen für ihre Kinder nur das Beste. Verletzt sein, weinen und schreien zeigt an, dass es Deinem Kind nicht gut geht. Also tun wir etwas, womit wir hoffen, dass es unserem Kind wieder gut geht. Wir wollen, dass die schwierige Situation schnell vorbei ist. Und mal unter uns gesagt: Wir sind doch oft schlichtweg mit den Gefühlen unserer Kinder überfordert. Wir können es einfach nicht gut aushalten, wenn es unserem Kind offensichtlich schlecht geht. Wem geht es bitte nicht so? Das ist normal!

Doch, Hand aufs Herz, was erreichen wir mit unseren ersten Reaktionen?

Wir Eltern fühlen uns besser. Die Situation ist beendet – für uns Eltern.

Aber fühlt sich Dein Kind auch „wieder gut“? Hat Deine Reaktion dazu beigetragen, dass Dein Kind sein Gefühl einordnen kann und in zukünftigen Situationen damit besser zurecht kommt?

Ich glaube leider: Nein. Dein Kind fühlt sich dadurch nicht „wieder gut“, es „funktioniert“ nur wieder so, wie Du es brauchst, damit Du Dich gut fühlst.

Was macht unsere erste Reaktion als Eltern mit unserem Kind?

Dein Kind lernt, dass das, was es fühlt, nicht richtig ist. Alles was Du sagst oder tust, ist für Dein Kind zu 100% richtig. Dein Kind glaubt Dir und nicht mehr sich selbst. Sein Selbstvertrauen wird dadurch kleiner oder kann sich gar nicht richtig entwickeln.

Gefühl – Fühlen – eine Herzensangelegenheit

Wie Du merkst, hat das Ganze etwas mit Fühlen zu tun. Fühlen ist der Wortstamm von Gefühl. Es hat etwas mit wahrnehmen zu tun, aber nicht mit unseren 5 Sinnen, sondern mit unserem Herzen. Es geht bei Gefühlen also um das Herz – um Dein Herz und um das Herz Deines Kindes.

Hast Du gewusst, dass jeder Mensch innerhalb von 24 Stunden alle Gefühle der gesamten Gefühlspalette durchläuft – das eine Gefühl intensiver, das andere Gefühl weniger intensiv?

Das Wichtige bei Gefühlen ist, zu verstehen, dass jedes Gefühl seine Berechtigung hat. Es gibt kein richtiges und kein falsches Gefühl. Selbst Wut und Zorn sind keine schlechten Gefühle, welche man vermeiden sollte zu fühlen. Doch es ist wichtig, dass wir unsere Gefühle angemessen ausdrücken. Denn wie Gefühle ausgedrückt werden, das kann gut oder schlecht sein.

Und hier sind wir wieder bei unserem Elternauftrag: Bring Deinem Kind bei, seine Gefühle angemessen auszudrücken.

Schau mal in Deinen Alltag. Dein Alltag ist gefüllt mit Gefühlen. Und als Mama oder Papa bist Du ständig mit Gefühlen konfrontiert: mit denen Deines Kindes und mit denen, die in Dir beim Umgang mit Deinem Kind entstehen. In diesem Artikel konzentrieren wir uns aber erst einmal nur auf die Gefühle Deines Kindes.

Hier ist ein einfacher Weg, wie Du in 4 Schritten, gesund mit den Gefühlen Deiner Kinder umgehen kannst:

1. Akzeptiere die Gefühle Deines Kindes

Dein Kind ist eine eigene Persönlichkeit und denkt und fühlt anders als Du. Wenn Dein Kind ein Gefühl äußert, dass Du nicht nachvollziehen kannst, dann akzeptiere es. Übe Dich darin, als erste Reaktion z.B. folgendes zu „sagen“:
oh..“, „..ahh..“, „hmm…“
Oder schweige einfach und sage erst einmal gar nichts.

2. Empfinde die Gefühle Deines Kindes nach

Versuche Dich in Dein Kind hineinzuversetzen, schlüpfe mal in die Schuhe Deines Kindes. Frage Dich: „Was fühlt mein Kind gerade?“ und „Warum fühlt mein Kind dieses Gefühl?“. Egal, wie Dein Kind bei welcher Situation auch immer reagiert, merke Dir: Dein Kind will Dich damit nicht ärgern. Es ist nur überfordert mit der Situation und mit sich selbst

3. Benenne das Gefühl

Nun finde einen Ausdruck, ein Wort, dass das von Dir beobachtete Gefühl Deines Kindes beschreibt. Dadurch bekommt das Gefühl einen Namen. Alles was einen Namen hat, wird vertraut und bietet dem Kind Sicherheit. Benenne nun das Gefühl und zeige Verständnis, dass Dein Kind dieses Gefühl hat.
Beispiele

  • Du hast Dich erschreckt beim Hinfallen! Ja, mich hätte das auch erschreckt, würde ich plötzlich auf dem Boden liegen.“
  • Dir tut Dein Knie weh. Schau, es ist ein Kratzer zu sehen, das tut weh, ja.“

4. Bringe Gefühle zum Ausdruck

Lass Dein Kind seine Gefühle ausdrücken und am besten hilfst Du ihm dabei, indem Du das auch tust und vorlebst. Seid fröhlich und lacht ordentlich zusammen. Wenn ihr traurig seid, dann weint – das ist ausdrücklich erlaubt! Schimpfe, wenn Du ärgerlich bist und gestehe das auch Deinem Kind zu. Lass Dein Kind sich körperlich abreagieren, leite es dabei an. Und wenn Du kannst, dann bete mit Deinem Kind.

Es ist gut, wenn Eltern auch immer mal wieder ihren Kindern von der eigenen Kindheit erzählen und welche Gefühle sie damals hatten. Du kannst Dein Kind auch an Deinem momentanen Gefühlsleben teilhaben lassen (altersgerecht). Dein Kind muss sehen, dass Du auch Gefühle hast und dass das etwas ganz Normales ist.

Kuscheln öffnet das Herz

Eine sehr hilfreiche Sache ist, regelmäßig mit Deinem Kind zu kuscheln. Je älter Dein Kind wird, desto mehr wird es in diesen Zeiten von sich erzählen – und zwar ganz von allein.

Ich wünsche Dir einen guten Blick für die Gefühle Deines Kindes. Erzähle mir, wie es Dein Zusammensein mit Deinem Kind verändert, wenn Du diese 4 Schritte anwendest.

  1. Akzeptiere die Gefühle Deines Kindes
  2. Empfinde die Gefühle Deines Kindes nach
  3. Benenne das Gefühl
  4. Bringe Gefühle zum Ausdruck

Gott segne Dich!

Deine Sandra

Sandra Giera ist Familiencoach, Fachreferentin für Erziehung und Mutter zweier Kinder. Mit Herz und Klarheit hilft sie Eltern, die Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, gesunde und glückliche Beziehungen zu schaffen.