Umgang mit Technologie: Was ist die “richtige” Bildschirmzeit für Kinder?

Technologie, Kinder und Eltern

Was ist das erste was Du tust, wenn Du morgens aufwachst? Ich wage zu behaupten, dass Du Dein Smartphone in die Hand nimmst, um Deinen Wecker auszustellen. Oft ist das letzte, was wir sehen, wenn wir schlafen gehen, das Smartphone und es ist meist auch das erste, was wir morgens in die Hand nehmen.

Wir leben in einer Welt, in der die vielseitigen Medien eine hohe Präsenz haben und aus dem Leben kaum noch wegzudenken sind. Für uns Eltern ist es natürlich eine große Verantwortung und auch Herausforderung, hier die richtige Balance für unsere Kinder zu finden.

Moderne Technologie bietet eine Fülle von Bildungs- und Unterhaltungsmöglichkeiten und ganz ehrlich, sie sind auch ein effektiver Babysitter. 😉

Trotz allem gilt es, die gesunde Entwicklung unserer Kinder im Blick zu behalten und ein “zu viel” an Bildschirmzeit schadet der Entwicklung erheblich.

5 zu beachtende Punkte

Damit Du auf der sicheren Seite bleibst, zeige ich Dir im Folgenden 5 wichtige Punkte auf, auf die Eltern achten sollten, um ihren Kindern zu helfen, verantwortungsbewusst mit Bildschirmzeiten umzugehen:

1. Bewusstsein schaffen: Es ist entscheidend, dass Du Deinem Kind von Anfang an ein Bewusstsein schaffst, für den verantwortungsvollen Umgang mit den Medien. Es braucht klare Regeln: Wann und welche Medien wie lange genutzt werden dürfen. Statt Verbote auszusprechen, solltest Du Deinem Kind  immer wieder geduldig erklären, warum es diese Regeln gibt. Stetigkeit ist hier das Stichwort!

Beispiel

Ich habe meinem Sohn als er noch klein war (3-4 Jahre) nach einer Kindersendung oft gesagt: “Schau, jetzt hast du die ganze Zeit hier gesessen und versucht zu verstehen, was du da siehst. Dabei hast du dich nicht bewegt und kaum gelacht. Und jetzt bist du müde, oder?” Mein Sohn war schnell überfordert und wenn ich die Medien ausgeschaltet habe, war er schnell wütend. Darüber bin ich mit ihm im Gespräch geblieben, damit er ein Gefühl dafür entwickelt.

2. Vorbild sein: Kinder lernen, vor allem in der Kleinkindzeit, sehr viel durch Beobachtung. Indem wir Eltern selbst einen guten Umgang mit Bildschirmzeit zeigen, können wir unseren  Kindern ein starkes Vorbild sein. Begrenze Deine eigene Nutzung von Smartphones, Tablets und Fernsehen. Überlege Dir bereits, wenn die Kids noch ganz klein sind, welche Regeln Du gern in Bezug auf Medien im Haus haben möchtest und lebe genau das selbst. Zeige Deinem Kind wie schön gemeinsame Zeit ohne Medien ist, wie Lesen, Basteln, Gesellschaftsspiele spielen, raus gehen oder einfach nur kuscheln oder toben.

Beispiel

Bei uns gibt es 3 klare Regeln:
1. Keine Medien vorm Kindergarten oder vor der Schule.
2. Keine Medien am Esstisch.
3. Keine Medien ab 18:30 Uhr. Eine weitere Regel könnte lauten: Smartphones bekommen einen “Parkplatz” im Flur und da werden sie abends ab einer gewissen Uhrzeit geparkt. Aber Achtung: Diese Regeln müssen je nach Alter und Umstände angepasst werden!

3. Qualität über Quantität: Es geht nicht nur darum, wie viel Zeit Kinder vor Bildschirmen verbringen, sondern auch um die Qualität dieser Zeit. Ermutige Dein Kind dazu, hochwertige Inhalte zu konsumieren, die ihre kognitive Entwicklung fördern und ihre Phantasie anregen. Wählt gemeinsam altersgerechte Programme, Apps und Spiele aus, die Bildung und Unterhaltung vereinen. Je jünger die Kinder, desto wichtiger ist es auch, dass Du gemeinsam mit Deinem Kind die Medienzeit erlebst, statt sie allein “vor den Fernseher” zu setzen. So bleibst Du ganz automatisch mit Deinem Kind im Gespräch und kannst auch genau beobachten, was Dein Kind ggf. noch überfordert und direkt eingreifen.

Beispiel

Meine Tochter mag es, ihre Medienzeit mit Filme schauen zu nutzen. Oft tun wir das gemeinsam. Dann klönen wir auf der Couch und schauen uns verschiedene Sendungen an. Dabei kommen die besten Gespräche heraus, vor allem wenn wir danach eine Runde spazieren gehen. Mein Sohn mag die Medien und die ganze IT-Technik und könnte sich dauernd mit allem beschäftigen. Ich habe ihm zeitnah einen Zugang zu den Office-Produkten gegeben, damit er seine Medienzeit sinnvoll nutzt. So hat er sich recht früh spielerisch den Umgang mit Excel, PowerPoint und Word angeeignet.

4. Bildschirmfreie Zeiten einführen: Es ist wichtig, dass Kinder lernen, dass Medien nicht das ganze Leben ausmachen, sondern nur ein Teil davon sind. Versuche selbst nicht alles und ständig mit Deinem Smartphone zu tun, bedenke Punkt 2: Du bist Vorbild! Lehre Dein Kind auch mit analogen Medien zu arbeiten. Einen Papierkalender führen, einen Einkaufszettel schreiben, Briefe und Postkarten schreiben, Bücher lesen, etc.. Gönne Deinem Kind auch Langeweile, die es nicht mit Medien füllen kann. Das fördert die Kreativität mehr als jede Lern-App! 🙂

Beispiel

Meine Kinder haben relativ wenig Medienzeit in der Woche. Ein analoges Ritual, welches wir als Familie leben ist das Vorlesen. Wir suchen uns immer mal wieder ein Buch aus, welches wir dann beim Frühstück, manchmal beim Abendbrot und auch zwischendurch einfach lesen. Meistens lese ich vor, ab und zu aber auch die Kinder.

5. Begrenze die Medienzeit: Du hast als Eltern einfach den unbeliebten Job gegenüber Deinem Kind auch ein “Nein” auszusprechen. Das tust Du sicher auch in anderen Bereichen. Mediennutzung hat ein enormes Suchtpotential, deshalb begrenze die Nutzung! Und damit steht die Frage im Raum: Wieviel Medienzeit ist für welches Alter “richtig”? Es gibt allgemeine Richtlinien, die ich Dir gleich aufzeige. Aber wichtiger als die Empfehlungen, ist Dein Kind und sein Vermögen, mit Medien gesund umzugehen.
Deshalb hier 2 Fausregeln:

1. So lange wie möglich keine Medien nutzen und wenn, dann so wenig wie möglich.

2. Medienzeit muss mit in der realen Welt verbrachter Zeit ausgegelichen werden. Doppelt so lang, wie ein Kind vor Medien sitzt muss es sich sinnvoll ohne Medien beschäftigen, am besten auch gekoppelt mit Bewegung und frischer Luft.

Beispiel

Meine Kinder konnten so viele Minuten wie sie alt waren in Jahren, Medienzeit am Tag genießen. Mein Sohn war z.B. 4 Jahre alt, also durfte er täglich 4 Minuten schauen, macht in der Woche 28 Minuten. Wir haben die Zeiten oft zusammengenommen und alle 2 Tage für ca. 8 Minuten etwas zusammen geschaut. Zusätzlich gab es auch immer wieder Ausnahmen. Als die Kinder in das Grundschulalter gekommen sind, haben wir eine Wochenzeit für Medien eingeführt und diese in 10-Minuten-Pakete aufgeteilt. Wenn sie Medien nutzen wollten, mussten sie mir ihren Zettel zeigen und sagen, wie lange sie jetzt etwas anschauen wollen und dann wurde die Zeit abgestrichen. Wenn alle 10-Minuten-Pakete abgestrichen waren, gab es in der Woche keine Medienzeit mehr. Das Gute daran ist. Ich muss nicht mehr der Entscheider sein, ob sie Medien nutzen dürfen oder nicht. Haben sie noch 10-Minuten-Pakete, dürfen sie sie nutzen.

Angemessene Bildschirmzeit nach Alter, eine allgemeine Empfehlung:

  • 0-2 Jahre: Keine Bildschirmzeit! Die Kleinkinder müssen erst die reale Welt richtig kennenlernen, bevor sie sich in die virtuelle Welt hineinbegeben. Ausnahmen können gemacht werden bei Videoanrufen mit Familienmitgliedern.
  • 2-5 Jahre: Begrenze die Bildschirmzeit auf maximal 1 Stunde pro Tag.
  • 6-12 Jahre: 1-2 Stunden pro Tag
  • 13+ Jahre: 2-3 Stunden pro Tag

Wichtig: Berücksichtige unbedingt die individuellen Bedürfnisse und das Entwicklungsniveau Deines Kindes!

Letztendlich liegt es an uns Eltern! Durch klare Regeln und eine ausgewogene Herangehensweise, fördern wir eine gesunde Beziehung zur Technologie von heute und das wird sich auch positiv Auswirken auf das Morgen unserer Kinder.

Deine Sandra

Sandra Giera ist Familiencoach, Fachreferentin für Erziehung und Mutter zweier Kinder. Mit Herz und Klarheit hilft sie Eltern, die Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, gesunde und glückliche Beziehungen zu schaffen.

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