So bleibst Du konsequent, ohne Dein Kind anzuschreien

Hast Du schon mal auf einer „Wutleiter“ gestanden?
Also ich schon, mehrmals.

Es fängt immer ganz harmlos an. Ich sage meinem Kind etwas und es gehorcht nicht. Dann sage ich es wieder. Mein Kind gehorcht immer noch nicht. Ich werde ärgerlich und steige auf die erste Stufe der Wutleiter. Ich beginne mein Kind „vollzutexten“, dass es gefälligst auf mich hören soll. Meine Stimme wird lauter, mein Tonfall aggressiver. Aber mein Kind nimmt mich weiterhin gar nicht wahr. Ich erklimme also die nächste Stufe der Wutleiter. Ich werde gerade nämlich richtig sauer. Es nervt mich, dass mein Kind nicht auf mich reagiert und ich äußere das und fange jetzt auch an, nicht unbedingt pädagogisch wertvolle Dinge zu sagen.

Naja und das schaukelt sich immer weiter hoch, ich steige Stufe für Stufe hinauf und dann ist die letzte Stufe erreicht, das Maß ist voll. Ich schreie wie ein Gigant von dort oben „unter der Decke hängend“ voller Zorn mein Kind an. Dieses steht dann meist weinend als kleiner armer Tropf vor mir und ist völlig überfordert mit der Situation, was da jetzt auf es herabregnet. Durch meinen Ausbruch bin ich selbst so kraftlos, dass ich nun die Wutleiter wieder herunterrutsche und mich genauso elend fühle wie mein Kind.

Allen Beteiligten geht es schlecht – meinem Kind und mir auch. Nichts ist gewonnen. Nichts hat sich verändert. Mein Kind macht wahrscheinlich immer noch nicht das, was ich mir von ihm gewünscht habe. Oder noch schlimmer: mein Kind macht es – dann aber aus Angst.

Weißt Du, jeder hat bei sich „zu Hause“ diese Wutleiter „stehen“. Wie groß ist Deine Leiter? Hat sie 10 bis 15 Stufen oder vielleicht nur 3 oder gar nur 2 Stufen?

Dir muss Folgendes klar sein: Das Erklimmen der Wutleiter, egal wie lang sie ist – also ob Du jähzornig bist oder langsamer wütend wirst – bringt immer das gleiche Ergebnis, wenn man „oben“ angelangt ist. Wirklich! Es passiert immer dasselbe: Du entlädst unkontrolliert Deine Emotionen und richtest Schaden an – bei Deinem Kind und bei Dir.

Heute zeige ich Dir, wie Du ganz ohne Wutleiter leben kannst. Ja, Du kannst sie ab heute in die Garage stellen oder beim nächsten Lagerfeuer gleich verbrennen.

Alles was Du tun musst ist die 3er Regel einzuhalten.

Die 3er Regel besteht, wie der Name vermuten lässt, aus 3 Schritten.

1. Ermahnen
2. Erinnern
3. Konsequenz umsetzen

Es gibt zwei entscheidende Vorteile der 3er Regel:

    • Dein Kind hat bei jedem Schritt die Möglichkeit einzulenken. Die Situation kann also immer beendet werden.
    • Du bleibst ruhig und klar. Es gibt keinen Grund mehr, Dein Kind unnötig anzuschreien oder wild auf Dein Kind einzureden.

Bist Du bereit, die 3er Regel zu lernen? Dann erkläre ich dir jetzt, wie die 3er Regel funktioniert:

1. Ermahnen

  • Sag Deinem Kind, was Dir nicht gefällt, was es lassen soll.
  • Sag Deinem Kind, was es stattdessen tun soll.

Nur wenn Du Deinem Kind klar kommunizierst, was Dir nicht gefällt, kann es lernen, dass etwas nicht in Ordnung ist und es hier einer Änderung bedarf.

Dabei kannst Du aber nicht stehen bleiben. Dein Kind hört, was es nicht tun soll und wie Du schon oft bemerkt hast, überhört es dabei das kleine Wort „nicht“. Es ist also absolut notwendig, dass Dein Kind eine Alternative angeboten bekommt. Unterstütze es und biete ihm klar eine andere Handlungsmöglichkeit an. Sage Deinem Kind, was Du konkret von ihm erwartest.

Beispiele

  • Hör auf herumzuschreien!“ – „Sprich ruhig mit mir!“
  • Lass Deine Jacke im Flur nicht einfach fallen!“ – „Häng Deine Jacke an den Haken.“
  • Sprich nicht mit vollem Mund!“ – „Schluck Dein Essen herunter und rede mit leerem Mund.“

Ganz wichtig:

  • Gib Deinem Kind Zeit, sein Verhalten anzupassen – natürlich je nach Situation.
  • Lobe Dein Kind, wenn es auf Dich reagiert hat und sein Verhalten angepasst hat.
  • Super, Du sprichst ruhig mit mir. Jetzt kann ich Dir auch zuhören.“
  • Sehr gut, jetzt hängt die Jacke am Haken und Du findest sie morgen gleich wieder.“
  • Schau, jetzt habe ich Dich viel besser verstanden, als Du mit leerem Mund gesprochen hast.“

Sollte Dein Kind an seinem alten Verhalten festhalten, dann folgt nun der zweite Schritt der 3er Regel.

2. Erinnern

Erinnere Dein Kind, in dem Du den ersten Schritt der 3er Regel wiederholst.

  • Sag Deinem Kind, was Dir nicht gefällt, was es lassen soll.
  • Sag Deinem Kind, was es stattdessen tun soll.

Jetzt folgt die Erweiterung:

  • Kündige Deinem Kind an, welche Konsequenz folgen wird, wenn es weiter am unerwünschten Verhalten festhält.

Beispiele:

  • Du schreist immer noch herum. Hör auf zu schreien und sprich ruhig mit mir! Du wirst sonst eine Pause bekommen, um Dich zu beruhigen.“
  • Deine Jacke liegt immer noch im Flur auf dem Boden. – Häng Deine Jacke an den Haken. – Sonst muss ich die dann dreckige Jacke waschen und Du hast morgen früh keine Jacke zum Anziehen.“
  • Sprich nicht mit vollem Mund! Schluck Dein Essen herunter und rede mit leerem Mund. – Andernfalls muss ich Dich vor die Tür schicken.“

Wieder ganz wichtig:

  • Gib Deinem Kind Zeit, sein Verhalten anzupassen – natürlich je nach Situation.
  • Lobe Dein Kind, wenn es auf Dich reagiert hat und sein Verhalten angepasst hat.
  • Super, Du sprichst ruhig mit mir. Jetzt kann ich Dir auch zuhören.“
  • Sehr gut, jetzt hängt die Jacke am Haken und Du findest sie morgen gleich wieder.“
  • Schau, jetzt habe ich Dich viel besser verstanden, als Du mit leerem Mund gesprochen hast.“

3. Konsequenz umsetzen

Dein Kind interessiert sich noch immer nicht für Deine Ermahnung und Erinnerung? Dann ist es jetzt im dritten Schritt der 3er Regel dran, die aufgezeigte Konsequenz auch umzusetzen.

Bleibe dabei ruhig und sei nicht sonderlich ärgerlich oder böse. Dein Kind hat sich entschieden, die Konsequenz in Kauf zu nehmen. Akzeptiere das.

Beispiele:

  • Mein liebes Kind, Du schreist noch immer herum, deshalb wirst Du jetzt eine Pause machen.“
  • Deine Jacke liegt immer noch im Flur. Ich werde sie jetzt zum Waschen wegräumen und Du hast morgen früh leider keine Jacke zum Anziehen.“
  • So, Du sprichst schon wieder mit vollem Mund! Jetzt geh bitte raus vor die Tür.“

Wenn Dein Kind die Konsequenz über sich ergehen lässt, dann lobe es dafür und sage ihm, dass Du jetzt noch immer von ihm erwartest, dass es auf Dich hört und das tut, was Du ihm sagst.

Dein Kind lernt durch diesen klaren Umgang, dass Du das, was Du sagst, ernst meinst. Es kommt nicht drum herum, das zu tun, was Du von ihm erwartest. Es geht hier nicht um Macht ausüben. Du sollst mit der 3er Regel nicht Deinem Kind zeigen, dass Du am längerem Hebel sitzt. Viel eher geht es darum, dass Dein Kind lernt, dass Du meinst, was Du sagst. Du schenkst Deinem Kind durch diesen Umgang Sicherheit und es wird Dir vertrauen.

Mein Versprechen an Dich:

Je öfter Du diese 3er Regel anwendest, desto mehr gewöhnt sich Dein Kind an diesen Umgang und wird sehr oft bereits beim 2. Schritt oder sogar schon beim 1. Schritt mit seinem Verhalten einlenken. Du wirst viel weniger Dein Kind aus Überforderung anschreien, weil Du mit der 3er Regel einen klaren Umgang kennst, wie Du auf das unerwünschte Verhalten Deiner Kinder reagieren kannst.

Kommt es bei Dir daheim vor, dass Dein Kind die Konsequenz nicht akzeptiert und es jetzt erst richtig Theater gibt?
Dann lies sei gespannt auf meine zwei Artikel Die universelle Konsequenz für Kleinkinder (2-6 Jahre) und „Die universelle Konsequenz für Grundschulkinder (5-11 Jahre)“ (erscheint in Kürze). Darin wirst Du erfahren, wie Du Dein Kind begleiten kannst, damit es sich Deinen Konsequenzen unterordnen lernt.

Schreibe und berichte mir, wie sich Dein Umgang mit Deinem Kind durch das Anwenden der 3er Regel verändert.

Gott ist mit Dir und schenkt Dir Geduld und Durchhaltevermögen!

Deine Sandra

Sandra Giera ist Familiencoach, Fachreferentin für Erziehung und Mutter zweier Kinder. Mit Herz und Klarheit hilft sie Eltern, die Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, gesunde und glückliche Beziehungen zu schaffen.