Elternschaft ist kein Kurzstreckenlauf

Halte durch!

Ich habe neulich über Marathons gelesen und ganz plötzlich kam es mir in den Sinn: Eltern zu sein ist eigentlich auch wie ein Marathon. Bei einem Marathon geht es darum, einmal die Strecke von 42,195 km zurückzulegen. Die Motivation und Strategie dahinter, das zu packen und nicht aufzugeben, finde ich sehr spannend. Zum Beispiel darf man sich gerade am Anfang nicht zu sehr verausgaben, sondern man muss seine Kräfte einteilen. Als Eltern gilt das gleiche. Kinder werden nicht in 2 Jahren groß! Dazu braucht es mehr Jahre und mehr Durchhaltevermögen für uns Eltern.

Studien beweisen, dass jeder Teilnehmer eines Marathons in der Regel sieben Phasen durchläuft. Lasst uns nun einmal diese Phasen in Hinblick auf unsere Elternschaft anschauen.

Stufe 1: Hoch (Geburt)

Zu Beginn ist alles in Ordnung und die Stimmung riesig. Nach langer Vorbereitung ist es endlich soweit. Der Lauf beginnt: Dein Kind wurde geboren. Glücksgefühle durchströmen Deinen Körper: Du bist Mama, Du bist Papa! Los geht’s in die Elternschaft.

Stufe 2: Verdrängung (1-2 Jahre)

Wie? Erst 1 Jahr geschafft? Dieser Gedanke kommt in dieser Phase gar nicht auf. Der “Läufer” verdrängt schlichtweg, dass es bis zum Ziel noch weit ist. Die Herausforderung würde sonst zu groß erscheinen. Du gibst als Mama und als Papa Dein Bestes und erfreust Dich dabei an Deinem Kind.

Stufe 3: Panik-Anflug (ICH-Findung / Trotzalter)

Alles, was wir verdrängen, sucht sich irgendwann einen Weg. Wenn die Kräfte schon ein wenig sinken, fällt es dem Verdrängten noch leichter, sich seinen Weg zurück in die Gedanken zu bahnen. Ein leichter Anflug von Panik breitet sich aus, weil die noch zu bewältigende Herausforderung plötzlich beunruhigend wirkt. Dein Kind tut nicht mehr ausschließlich niedliche Dinge, sondern oft ganz schönen Blödsinn. Es hört nicht mehr richtig auf Dich und Du hast ganz schön zu kämpfen, nicht nach jedem 3. Wort laut “NEIN” zu sagen. Das herausfordernste in dieser Phase ist, dass Dein Kind Dich kopiert und auch ständig “Nein” sagt. 🙂

Stufe 4: Ernüchterung (Grundschulalter)

Jetzt kommt der “Läufer” ins Grübeln. War das alles wirklich eine gute Idee? Macht das überhaupt Sinn? Wieso sollte ich mir das eigentlich antun? Dein Kind kommt in die Schule. Alle Abläufe ändern sich wieder und es kommen neue Dynamiken dazu, wie z.B. Urlaub nur noch in den Ferienzeiten nehmen zu können. Dein Kind wir älter und braucht andere Unterstützung von Dir. In dieser Phase sind die richtigen Unterstützer an der Seite Gold wert. Die Großeltern, Nachbarn, befreundete Eltern.

Stufe 5: Das große Tief (Beginn der Pubertät)

Was vorher kleine Zweifel oder größere Ernüchterung waren, fühlt sich jetzt an wie ein Holzhammer. Ab Kilometer 30 kommt bei vielen der große Einbruch: Die Pubertät beginnt. Dein Kind lehnt sich plötzlich gegen Dich auf, entfernt sich immer mehr von Dir und will sich von Dir auch nicht mehr wirklich etwas sagen lassen, schon gar nicht, wenn es um Haushalt, Schule oder andere Standpauken geht. Du fragst Dich vielleicht, was hab ich nur falsch gemacht, dass mein Kind so ist, wie es ist. Jetzt gilt es: Aufgeben oder dranbleiben? 😕

Stufe 6: Das Ziel vor Augen (ab ca. 16 Jahren)

Jetzt ist es nicht mehr weit. Du hast mit Deinem Kind die letzten 16 Jahre gelebt mit allen Hochs und Tiefs und merkst, dass ihr schon eine ganze Menge zusammen erreicht habt. Vielleicht hättest Du Dir einiges anders gewünscht, aber Du bist stolz auf Dein Kind und freust Dich an den Gesprächen mit ihm. Dennoch ist der Weg noch nicht geschafft. Was soll aus Deinem Kind einmal werden? Welchen Beruf wird es ergreifen oder will es studieren? Muss es dafür in eine andere Stadt ziehen? Du machst Dir viele Gedanken und versuchst Dein Kind zu unterstützen, wo es geht. Das kostet nochmal richtig Kraft und einiges an grauen Haaren.

Stufe 7: Der Heldenmoment (Auszug)

Dem “Läufer” wird bewusst, dass er über sich selbst hinausgewachsen ist. In diesen Momenten entsteht Selbstbewusstsein. Die Schmerzen der vergangen Jahre weichen einer großen Freude. Du kannst stolz auf Dich sein. Du hast durchgehalten und einen jungen Menschen ins Leben hineinbegleitet! Sei dankbar für all diese kostbaren Jahre mit Deinem Kind! 😎

Fazit

Glück, Freude und Stolz basieren auf der Entscheidung, sich zu überwinden und dies dann auch wirklich bis ganz zum Ende durchzuziehen. Der Erfolg entsteht dabei im Kopf – neben allem Training, Ausrüstung, Ausbildung, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Gewonnen wird im Kopf!

In welcher Phase steckst Du? Schreibe es in die Kommentare!

Deine Sandra

Sandra Giera ist Familiencoach, Fachreferentin für Erziehung und Mutter zweier Kinder. Mit Herz und Klarheit hilft sie Eltern, die Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, gesunde und glückliche Beziehungen zu schaffen.

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